UNTER DEM EIS MIT NIK LINDER
Auch wenn man als Apnoetaucher zu understatement neigt und das Tauchen mit einem Atemzug nicht als „extrem“ bezeichnen würde, so ist das Tauchen unter einer geschlossenen Eisdecke mit absoluter Sicherheit dem Extremsport zu zu ordnen.
Die Verhältnisse sind hart, die Wassertemperaturen unter dem Eis liegen bei nur 2 Grad und innerhalb weniger Minuten, in denen man nicht im Eisloch ist, friert es wieder zu. Alles, was auf dem Eis liegt, friert ebenfalls innerhalb von Minuten ein und klebt auf dem Eis fest. Auch wenn der Neoprenanzug eine Zeit lang wärmt, so werden die Zehen und Finger doch sehr schnell gefühllos. Das Ganze ist eine große Herausforderung für Mensch und Material.
Wie funktioniert man selbst, wenn man unter dem Eis taucht? Die Kälte und die limitierten Auftauchmöglichkeiten sind wie ein Spielfeld, auf dem man seine eigenen Fähigkeiten unter Extrembedingungen testen kann. Im Leistungssport wird immer wieder die Formel: „Leistung = Potential - Störung“ beschrieben. Die eigene Leistung hängt also nicht nur vom eigenen Potential ab, wie leistungsfähig mein Körper ist, sondern auch, wie ich mit Störungen umzugehen lerne.
Unter dem Eis ist alles still und doch gibt es dort Störungen. Das sind äußere Faktoren, wie die Kälte, die hohe Lage der Umgebung und die damit verbundene dünne Luft, die alles noch anstrengender macht. Es sind aber vor allem innere Faktoren, die das Tauchen unter dem Eis anstrengend machen. Wie gehe ich mit den Zweifeln und den automatischen Gedanken um, die mir immer wieder einreden wollen, dass ich nicht hier hin gehöre. Unser Kopf möchte uns vor allem Gefährlichen bewahren und bringt uns in solchen Momenten erst recht in Gefahr. Denn eine aufkommende Panik aufgrund dieser negativen Gedankenspirale muss unbedingt vermieden werden. Entspannungstechniken, die unter Extrembedingungen funktionieren helfen uns auch in weniger herausfordernden Situationen und Umgebungen, oder anders gesagt wer unter Eis entspannt bleibt, den kann auch im Alltag nichts so schnell umwerfen.